Berliner Film-Ateliers. Ein kleines Lexikon

RAUHE BERGE

Steglitz (Südende)

Freigelände (heute auf dem Gebiet des Friedhofs Bergstraße)


Das Entstehen dieses, seiner Hügel und seines feinen Sandes wegen als Wüste gern benutzen Freigeländes in Steglitz läßt sich aus einer 1925 im Steglitzer Anzeiger erschienenen Artikel-Serie über das Gebiet rekonstruieren: »Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts stellten die Rauhen Berge eine sanft abgerundete, mehr oder weniger flach ansteigende Hügelkette dar, wie wir sie des öfteren in der Mark Brandenburg finden, die, völlig bewachsen, durchaus keine Spuren von bloßliegendem Sande zeigte, solange das Hügelgelände nicht zur Sandentnahme von Menschenhand angebohrt wurde. (...)

Zunächst wurde im Jahre 1874 der neue Steglitzer Kirchhof an das damalige Ende der Bergstraße gelegt. (...) Es erfolgte dann die erste Abtragung der Rauhen Berge Ende der 70er Jahre im Gebiete an der nachmaligen Berliner Straße, woselbst darauf die Villenkolonie Südende entstand. (...) Aber auch vom Steglitzer Gebiet rückte man dem Rauhen Berge bald zu Leibe. Da war ein Herr Buchmann, Stationsvorsteher des Bahnhofs Steglitz, bekannt durch seine Amtstätigkeit während des schrecklichen Eisenbahnunglücks in Steglitz. Dieser Herr Buchmann kam nach seiner frühzeitig erfolgten Versetzung in den Ruhestand als erster auf den Gedanken, den Rauhen Berg in Steglitz auszubeuten: »Der Rauhe Berg ist Goldes wert, wenn man seinen äußerst feinen Sand für Bauzwecke nutzbar mache.« So kaufte er dieses Gelände von den Baethgeschen Erben und drang Ende der 80er Jahre im Süden von der Mariendorfer »Chaussee« her durch die Kornfeder mittels eines Fahrweges in den Berg ein. (...) Derjenige, der die Grube nach aus den 90er Jahren kennt, wird ihre Umgrenzung fast unverändert vorfinden: Im Osten von dem stehengebliebenen Höhenzuge der Rauhen Berge, auf dem sich die Häuser der Oehlertstraße in Südende befinden. Im Süden wird die Grube begrenzt von dem immer noch stehengebliebenen Kamm, der jetzt den neuen Verbindungsweg und das Nordende der Laubenkolonie »Heimgarten« aufnimmt. Der Hohlweg in der Westseite dieses Kammes ist die ehemalige Ein- und Ausfahrt von der Mariendorfer »Chaussee« her, durch die Buchmann die Rauhen Berge auszubeuten begann. Die Westgrenze der großen Grube endlich ist der tiefliegende Teil des Friedhofes, der bis zum Jahre 1921 nur nach Süden und Westen verbreitert war. Nach Norden, also dem Beschauer zu, verläuft die Grube in die Ebene. (...) Eine neue wesentliche Veränderung des Bildes der Rauhen Berge, die aber heute durch die 1921 nach Osten hin erfolgte Erweiterung des Friedhofes wieder verwischt ist, brachte erst das Jahr 1903. (...) So fiel dieser Friedhofserweiterung letztmalig ein großes Stück des Steglitzer Rauhen Berges zum Opfer. Der letzte, übriggebliebene Teil aber, das Niveau der Buchmannschen Grube, wurde im selbigen Jahre von einer Filmgesellschaft gepachtet, die hier eine ägyptische Filmstadt erstehen ließ und das ganze Gelände durch einen Zaun der Öffentlichkeit verschloß. Heute dürfen wir, durch den neu angelegten Verbindungsweg nach dem Sonnenbad, wenigstens »wie die Katz' um den heißen Brei« um dieses Gelände gehen, dessen letzte Filmstadtreste übrigens vor einigen Monaten entfernt wurden.« (Wilhelm Kroll: Zur Geschichte der »Rauhen Berge«. In: Berlin-Steglitzer Anzeiger (6 Folgen), 24.10.-5.12.1925).

Rauhe Berge, Steglitz. Dreharbeiten DAS WEIB DES PHARAO (1921)
Der berühmteste Film, der hier entstand, ist Ernst Lubitschs »Spannungsfilm. Ägypterfilm. Massenfilm. Viertens: Kanonenfilm« (Alfred Kerr)
DAS WEIB DES PHARAO. Unter der technischen Leitung von Max Gronau entstand nach Entwürfen der Filmarchitekten Ernst Stern und Kurt Richter eine Sphinx (29 m hoch) und ein Pharaonen-Palast (78 m hoch, 64 m breit).

»Das Eigenartige der Nachtaufnahmen zum WEIB DES PHARAO bestand aber darin, daß sie tatsächlich zur Zeit fast völliger Dunkelheit gedreht wurden und überhaupt nur dadurch möglich waren, daß Lubitsch über technische Hilfsmittel verfügte, die in Deutschland ihre erstmalige Anwendung fanden. Sein Operateur Sparkuhl hatte amerikanische Aufnahmeapparate von Bell und Hobels (= Howell) zur Verfügung und außerdem verwendete man Scheinwerferlicht in bisher für Filmzwecke unbekannter Konzentration. Was die Deutschen für militärische Zwecke bereits im Kriege verwendeten, nämlich Scheinwerfer, die eine Million Kerzen Lichtstärke haben, werteten die Amerikaner durch ihre sogenannten »Sunlightlampen« für Filmaufnahmen aus. Wir haben somit auf dem Umwege über Amerika die Variante einer deutschen Erfindung vorgesetzt bekommen, bei der man sich wundert, daß sie nicht durch und bei uns insbesondere für die bildlich so ungeheuere Möglichkeiten zulassenden Abend- und Nachtaufnahmen schon längst ausgenutzt wurde.

Man filmte eine große Massenszene: Volk stürzt gegen den Palast des Pharao vor. Jannings als falscher Pharao, tritt aus der hohen sich öffnenden Doppeltür seines Palastes schlotternd heraus. Gespenstisch gegen den Nachthimmel teils als Silhouette, teils als scharf in Hell und Dunkel getrenntes Rembrandtbild heben sich die bewegten Massen von dem Kern der Szene ab.« (Der Film, Nr. 40, 2.10.1921).

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