Reihe CineGraph Buch

Helga Belach, Wolfgang Jacobsen (Redaktion):

Richard Oswald

Regisseur und Produzent

München: edition text + kritik 1990
184 Seiten, 28 Abbildungen

DM 28,- / öS 204,- / sfr 26,-
ISBN 3-88377-369-7
Richard Oswald, "Funkzauber", 1927

Inhalt


Vor allem als »Skandalfilmer« hat Richard Oswald Eingang in die Filmgeschichte gefunden; er hat an Tabus gerührt, als erster Themen der Psychoanalyse und Sexualaufklärung popularisiert und mit Engagement zeitgenössische politische Inhalte aufgegriffen. Er hat Trends und Moden genutzt; sein Werk enthält Feuilletonismen im besten Sinne.

Richard Oswald hatte als Produzent und Regisseur den Ruf eines engagierten Außenseiters. 1880 in Wien geboren, sammelte Oswald Erfahrungen am Theater, als Schauspieler, Dramaturg und Regisseur in Wien, Düsseldorf und Berlin. 1913 kam er in Kontakt mit der berliner Filmfirma Vitascope. DER HUND VON BASKERVILLE, eine Adaption des Sherlock Holmes-Romans, 1914 von Rudolf Meinert inszeniert, trug schon deutlich seine Handschrift, zeigte Gespür für publikumswirksame Stoffe, Geschick in der dramaturgischen Verknappung, Erfindungsreichtum im Detail. 1916 gründete Oswald eine eigene Produktionsfirma und wurde einer der produktivsten und spektaulärsten Regisseure des deutschen Films der 10er und 20er Jahre. Er realisierte Melodramen, Kriminalstoffe, »kunstfilme« nach literarischen Vorlagen und aufwendige Ausstattungsfilme wie LADY HAMILTON (1921) und CARLOS UND ELISABETH (1923/24). Oswald etablierte den »gesellschaftskritischen Tendenzfilm« und den »Aufklärungsfilm«. ANDERS ALS DIE ANDERN (1919) war ein Plädoyer für die Abschaffung des § 175. Wiederholt schritt die Zensur gegen Oswalds Filme ein. Immer wieder verfilmte er Stoffe aus dem berliner Miljö, wie etwa 1924 die Komödie LUMPEN UND SEIDE. In den 30er Jahren produzierte Oswald Tonfilm-Operetten und umstrittene politische Zeitfilme wie DREYFUS (1930). So adaptierte er auch Carl Zuckmayers DER HAUPTMANN VON KÖPENICK (1931) als scharf karikierende Charakter- und Gesellschaftsstudie.

Auffällig bei allen Filmen Oswalds ist seine Arbeit mit Schauspielern, vor allem mit männlichen Darstellern: Conrad Veidt, Werner Krauß und Reinhold Schünzel setzte er häufig ein; es sind »Gegen-Spieler« - dämonisch, labil, subversiv, grell.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten mußte Richard Oswald Deutschland verlassen; 1938 ging er schließlich in die USA. Seinen letzten Film, The Lovable Cheat mit Buster Keaton und Curt Bois, drehte er 1948/49. Richard Oswald starb, enttäuscht und weitgehend vergessen, 1963 in Düsseldorf.

»Man sagte ihm nach, daß er in den Anfängen gar keine richtigen Drehbücher hatte, sondern nach irgendwelchen hingeworfenen Notizen improvisierte. Das ist durchaus möglich. Aber er drehte mit seinem Witz, einem überlegenen Zynismus, einer Treffsicherheit, einer Frechheit, einem Blick für Satire und Groteske, die ihresgleichen suchten.« (Willy Haas)

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